Unsere Zeit – eine Zeit der Unverbindlichkeit
Kennst du das? Du lädst zu etwas ein. Eine Feier, eine Veranstaltung … Und etliche Leute sagen Dir, wie toll das doch ist, und das sie gern dabei sind. Manche sagen sogar verbindlich zu. “Ja toll, da komme ich gerne” “Ich bin dabei” …
Die meisten reagieren gar nicht – das ist ja okay – und ein paar wenige kommen mit einer wagen unverbindlichen Zusage wie: „Ich weiß noch nicht, ob es klappt. Ich schau mal.“
Unsere Zeit ist eine Zeit der Unverbindlichkeit geworden. Unverbindlichkeit, die sich wie klebriger Kaugummi durch alle Lebensbereiche zieht. Freundschaften, die oberflächlich sind. Weil es bequemer ist. Leichter, wenn man sich nicht um die Sorgen des Anderen kümmern muss. Partnerschaften, die offen sind. Man möchte sich nicht festlegen. Es könnte ja vielleicht noch andere geben, die besser, perfekter zu einem passen. Arbeitgeber, die befristete Verträge abschließen. Auf ein Jahr, auf zwei Jahre. Weil sie in Zeiten, die sich schnell verändern, flexibel bleiben wollen. Sich alle Möglichkeiten offen halten wollen. Immer in der Hoffnung auf eventuell noch besseres Personal.
Keiner will sich mehr festlegen, weil es ja irgendwo auf der Welt noch etwas geben könnte, das besser ist.
Unverbindlichkeit ist zu einer allgemeinen Erscheinung unserer Zeit geworden. Eine Entwicklung, die immer stärker an Fahrt aufnimmt und die in immer mehr Bereichen Einzug hält.
Ich frage mich, wo das noch hinführt? Was macht das mit den Menschen? Mit der Wirtschaft? Mit der Natur? Wie sieht eine Welt aus, in der sich keiner mehr festlegen möchte? In der man sich auf niemanden und nichts mehr verlassen kann? In der es keine Beständigkeit gibt? In der niemand Verantwortung übernehmen möchte? In der niemand mehr Sicherheit gibt?
Ist es nicht an der Zeit umzudenken? Sich zurück zu besinnen?
Ich habe mich gegen diesen Trend entschieden. Versuche verbindlich zu sein. Sicherheit zu geben. Entscheidungen zu treffen. Mich festzulegen. Und dies auch einzuhalten.
Oft frage ich mich, wie lange ich das noch durchhalten kann. Und ob sich dass überhaupt lohnt. Dieser Kampf gegen die Windmühlen unserer Zeit.
Für mich ist Verbindlichkeit wertvoll und hat viel mit Ehrlichkeit und auch Sicherheit zu tun. Ehrlichkeit zu mir selbst und zu meinem Gegenüber. Von Menschen nicht nur in guten Zeiten, sondern auch in der Not getragen zu werden. Gespräche führen zu können, die den eigenen Horizont erweitern und das Leben bereichern. Nicht nur zu schauen, welchen Vorteil mir der andere bringt, sondern füreinander da zu sein. Sicherheit und Halt geben.
Wo gibt es das heute noch?
Mir schrieb kürzlich jemand zu dem Thema Unverbindlichkeit / Unzuverlässigkeit: “Genauso ist das heute! Entweder kommst Du (man) klar oder nicht!”
Ist das wirklich DAS, was wir uns für unsere Zukunft und das Miteinander wünschen?
Wie gehen wir durch diese Unverbindlichkeit mit den Ressourcen unseres Gegenüber um?
Meine Oma hatte dafür immer ein Sprichwort auf den Lippen:
“Was du nicht willst das man dir tu, das füg auch keinem andren zu.”
Ein Gedanke zu „Unsere Zeit – eine Zeit der Unverbindlichkeit“
Das nennt man ghosting und ist leider ein Phänomen der Zeit, auch ich ertappe mich manchmal dabei. Versuche aber es in Grenzen zu halten. Ist oft schwierig, weil man so reizüberflutet wird von allen Seiten 😉